Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.03.2012
BVerwG 6 C 12.11
Leitsätze:
1. Die mit einer Bildaufnahme verbundene Möglichkeit eines rechtsverletzenden Gebrauchs, insbesondere einer gegen Rechte Dritter verstoßenden Veröffentlichung muss nicht notwendig immer auf der ersten Stufe abgewehrt werden; dies kann in vielen Fällen vielmehr auch auf der zweiten Stufe des Gebrauchs des entstandenen Bildes geschehen.
2. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass die Polizei ihren Rechtsstandpunkt dem Journalisten oder dem ihn beschäftigenden Presseunternehmen mitteilt und auf eine Verständigung über „ob“ und „wie“ der Veröffentlichung drängt.
3. Dabei wird sich aus dem Zusammenspiel von Landespolizei- und Landespresserecht ergeben, ob ein etwaiger daran anschließender Konflikt durch den Erlass einer Polizeiverfügung mit der Möglichkeit des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes durch den Journalisten oder das Presseunternehmen ausgetragen wird oder durch die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes vor den ordentlichen Gerichten durch die Polizei.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 C 12.11
VG Stuttgart – 18.12.2008 – AZ: VG 1 K 5415/07
VGH Baden-Württemberg – 19.08.2010 – AZ: VGH 1 S 2266/09
In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Hahn
und Prof. Dr. Hecker
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. August 2010 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
Die Klägerin betreibt einen Zeitungsverlag und begehrt die Feststellung, dass die gegen zwei ihrer Journalisten gerichtete Untersagung von Bildaufnahmen eines Polizeieinsatzes rechtswidrig war.
Am 16. März 2007 wurde ein Untersuchungsgefangener der Justizvollzugsanstalt … von acht Beamten des Spezialeinsatzkommandos der Polizei des Beklagten (SEK) in eine Augenarztpraxis im Zentrum von … gebracht. Während des Arztbesuchs blieben zwei Beamte bei dem Gefangenen. Die anderen Beamten bezogen vor dem Praxisgebäude Stellung. Etwa zehn Minuten vor dem Ende der ärztlichen Untersuchung traten ein Photograph und ein Volontär des von der Klägerin verlegten … Tagblattes auf den Kommandoführer zu und fragten ihn nach dem Grund des Einsatzes. Dieser gab zwar die erbetene Auskunft, untersagte ihnen aber die Anfertigung von Bildaufnahmen. Ob er ihnen darüber hinaus die Beschlagnahme der Kamera androhte oder eine solche Maßnahme nur „ankündigte“, hat das Berufungsgericht offengelassen. Die beiden Reporter befolgten das Photographierverbot und betrachteten das weitere Geschehen aus der Ferne. Kurz darauf wurde der Gefangene zurücktransportiert. Am nächsten Tag erschien im … Tagblatt ein Wortbericht über den Einsatz.
In einem vorprozessualen Schriftwechsel brachte die Klägerin zum Ausdruck, dass sie das Photographierverbot und die Beschlagnahmeandrohung als unzulässige Beeinträchtigung ihrer Pressefreiheit ansehe. Der Beklagte berief sich demgegenüber auf ein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung der Anonymität seiner eingesetzten Beamten. Die Wahrung der Anonymität sei erforderlich, um die Einsatzfähigkeit des SEK etwa bei verdeckten Maßnahmen und den Schutz der SEK-Kräfte vor Repressalien zu gewährleisten. Die Anfertigung und Veröffentlichung von Bildern sei mit diesen Interessen nicht vereinbar.
Die daraufhin erhobene Feststellungsklage der Klägerin, dass das Photographierverbot und die Beschlagnahmeandrohung rechtswidrig gewesen seien, hat das Verwaltungsgericht Stuttgart abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Urteil vom 19. August 2010 die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die beantragte Feststellung ausgesprochen. Das Photographierverbot und die Beschlagnahmeandrohung seien rechtswidrig gewesen. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei es dem Einsatzleiter nicht um die Abwehr von Gefahren gegangen, die aus der Anwesenheit der Pressevertreter und der konkreten Situation vor Ort resultierten. Für das Bestehen einer solchen Gefahr gebe es auch keine Anhaltspunkte. Stattdessen habe der Einsatzleiter nur Gefahren im Blick gehabt, die sich bei einer Enttarnung der SEK-Beamten realisiert hätten. Darauf könnten die beanstandeten Maßnahmen aber nicht gestützt werden. Es habe keine Gefahr bestanden, dass die Klägerin durch die Anfertigung von Lichtbildern und deren Veröffentlichung gegen §§ 22, 23 und 33 KunstUrhG verstoßen würde. Die Bildaufnahmen und deren Veröffentlichung seien ohne Einwilligung der betroffenen Beamten zulässig gewesen, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Einsatz um ein lokales zeitgeschichtliches Ereignis gehandelt habe (§§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG). Der Veröffentlichung habe auch kein berechtigtes Interesse der Beamten entgegengestanden (§ 23 Abs. 2 KunstUrhG). Die Beamten hätten zwar ein berechtigtes Interesse daran, sich durch Wahrung ihrer Anonymität etwaigen Racheakten zu entziehen. Dieses Interesse könne aber auch dadurch geschützt werden, dass Bildaufnahmen in geeigneter Weise – hier durch eine vollständige Pixelung der Gesichter – unkenntlich gemacht würden. Da grundsätzlich von der Rechtstreue der Presse auszugehen sei, habe der Beklagte darauf vertrauen müssen, dass die Klägerin eine solche Pixelung vornehme. Habe mithin keine veröffentlichungsbedingte Enttarnungsgefahr bestanden, sei auch die Gefahr einer darauf beruhenden Funktionsbeeinträchtigung des SEK zu verneinen. Soweit eine Enttarnungsgefahr mit der Möglichkeit eines kriminellen Zugriffs auf gefertigte Bildaufnahmen begründet werde, sei das Photographierverbot zur Gefahrenabwehr zwar geeignet, aber nicht erforderlich. Der bezeichneten Gefahr könne im Regelfall dadurch wirksam begegnet werden, dass der Pressevertreter zur vorübergehenden Herausgabe des Speichermediums bis zu einer gemeinsamen Sichtung der gefertigten Aufnahmen durch Presseunternehmen und Polizei aufgefordert werde. Die Maßnahmen seien auch nicht zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der eingesetzten Beamten gerechtfertigt. Da die §§ 22 ff. KunstUrhG für ihren Geltungsbereich im Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht spezielle Normen seien, scheide im Bereich des Bildnisschutzes ein Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus. Auch die Beschlagnahmeandrohung sei rechtswidrig. Hierbei könne dahinstehen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme vorgelegen hätten. Jedenfalls sei die Androhung wegen der Verknüpfung mit dem rechtswidrigen Photographierverbot ermessensfehlerhaft.
Seine vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision hat der Beklagte wie folgt begründet: Hinsichtlich der vom Berufungsgericht angenommenen Beschlagnahmeandrohung fehle es bereits an der Zulässigkeit der Feststellungsklage. Insoweit liege das angenommene Rechtsverhältnis nicht vor. Der Einsatzleiter habe eine Beschlagnahme weder angedroht noch angekündigt, sondern nur erwähnt, dass die Möglichkeit einer solchen Beschlagnahme durch die Einsatzdienststelle geprüft werden könne. Das Berufungsgericht sei deshalb ohne die an sich erforderliche und von ihm – dem Beklagten – auch beantragte Beweiserhebung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Der Verwaltungsgerichtshof habe damit gegen das Sachaufklärungsprinzip und den Überzeugungsgrundsatz verstoßen.
Die Klage sei auch unbegründet. Der Einsatzleiter habe seine Bitte, das Photographieren zu unterlassen, auch und gerade zur Abwehr einer konkreten Gefahr vor Ort geäußert. Er habe verhindern wollen, dass es durch die Anfertigung von Bildaufnahmen zu einer Ablenkung der eingesetzten SEK-Beamten komme und sich damit die Gefahr eines Befreiungsschlags mit Gefahren für Leib und Leben aller Anwesenden erhöhe. Dies gehe aus dem gesamten Zweck des Einsatzes sowie den vorprozessualen und prozessualen Äußerungen hervor. Der Verwaltungsgerichtshof hätte diese Gefahr jedenfalls nicht ohne die insoweit erforderliche Beweisaufnahme verneinen dürfen. Er habe damit gegen seine Sachaufklärungspflicht und das Verbot einer Vorwegnahme der Beweiswürdigung verstoßen.
Es habe auch die Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der eingesetzten SEK-Beamten bestanden. Dieses Recht umfasse das Recht am eigenen Bild. Es schütze auch vor nicht genehmigten Bildaufnahmen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs werde dieses Recht nicht durch die speziellen Vorschriften der §§ 22, 23 KunstUrhG verdrängt. Die Gefahr einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild habe auch mit Rücksicht auf die insoweit erforderliche Interessenabwägung mit der Pressefreiheit der Klägerin bestanden. SEK-Beamte seien einer besonders hohen Gefährdung ausgesetzt. Sie seien insbesondere bei verdeckten Maßnahmen nur einsetzbar, wenn ihre Anonymität gewahrt bleibe. Demgegenüber sei das Interesse der Klägerin an einer Bildberichterstattung weniger schutzwürdig.
Die Beschlagnahme des Speichermediums stelle entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs kein milderes Mittel dar als eine Untersagung von Bildaufnahmen. Die Untersagung von Bildaufnahmen könne auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden und verlange deshalb nur eine einfache Gefahr. Die Beschlagnahme setze hingegen nach § 33 PolG BW eine bereits vorliegende oder zumindest unmittelbar bevorstehende Störung voraus. Die mithin an strengere Voraussetzungen geknüpfte Beschlagnahme könne nicht milder sein als das an weniger strenge Voraussetzungen geknüpfte Photographierverbot. Mit seiner gegenteiligen Annahme habe der Verwaltungsgerichtshof gegen die Denkgesetze verstoßen. Zudem habe es der Verwaltungsgerichtshof unterlassen, die Voraussetzungen einer Beschlagnahme zu prüfen. Damit habe er auch gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen. Die Voraussetzungen einer Beschlagnahme hätten im Übrigen auch nicht vorgelegen. Die Beschlagnahme sei zur Gefahrenabwehr nicht geeignet. Auch sei sie unpraktikabel und erfordere einen unverhältnismäßig hohen Personaleinsatz. Sie greife ihrerseits in die Pressefreiheit ein und sei auch der Sache nach kein milderes Mittel als das Photographierverbot, weil sie den Photoreporter an der Wahrnehmung nachfolgender Termine hindere.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. August 2010 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung verteidigt sie im Wesentlichen das Berufungsurteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Revision für begründet. Er teilt die Ausführungen des Beklagten im Revisionsverfahren.
II
Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht das die Klage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und festgestellt, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in … am 16. März 20.. (1.) unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns (2.) rechtswidrig war.
1. Das Berufungsurteil hat die Klage gegen das Photographierverbot ohne Verletzung von Bundesrecht als zulässig (a)) und begründet (b)) angesehen.
a) Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die Feststellung beantragt hat, dass die Untersagung von Bildaufnahmen von dem Polizeieinsatz rechtswidrig gewesen ist, ist die Klage entweder als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (so: Urteil vom 25. September 2008 – BVerwG 7 A 4.07 – Buchholz 445.5 § 48 WaStrG Nr. 1; Urteil vom 24. November 2010 – BVerwG 6 C 16.09 – BVerwGE 138, 186 Rn. 26 = Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 59) oder als allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl.: Urteil vom 14. Juli 1999 – BVerwG 6 C 7.98 – BVerwGE 109, 203 <208 f.> = Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 12) statthaft und auch im Übrigen zulässig, nachdem sich dieser Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hatte. Insbesondere ist das für beide Klagearten gleichermaßen erforderliche schutzwürdige Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung gegeben. Ein solches Interesse besteht nämlich in den Fällen einer Wiederholungsgefahr (vgl. hierzu etwa Urteil vom 14. Juli 1999 a.a.O.), die hier zu bejahen ist. Denn nach der Auffassung des Beklagten besteht generell ein Interesse an der Wahrung der Anonymität von SEK-Beamten, damit diese vor Repressalien geschützt und für getarnte Einsätze verwendungsfähig bleiben. Die Klägerin muss deshalb befürchten, in vergleichbaren Fällen wie dem vorliegenden wieder einem Photographierverbot ausgesetzt zu werden. Darüber hinaus kann sich die Klägerin auf ein Rehabilitationsinteresse berufen, weil solche Verbote ihr Grundrecht auf Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berühren.
b) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht die Klage auch für begründet gehalten. Dabei hat es ohne Verstoß gegen Bundesrecht den Erlass eines Photographierverbotes durch den Beklagten in der Rechtsform einer Polizeiverfügung festgestellt (aa)), die zwar formell rechtmäßig (bb)), aber materiell rechtswidrig (cc)) gewesen ist.
aa) Nach den getroffenen Tatsachenfeststellungen und der darauf gestützten landesrechtlichen Bewertung hat ein SEK-Beamter am Vorfallsort gegen den Photographen der Klägerin einen mündlichen Verwaltungsakt erlassen (aaa)) und diesen auch zu Recht auf baden-württembergisches Landespolizeirecht gestützt (bbb)).
aaa) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass es sich bei dem Photographierverbot unabhängig davon, mit welchen Worten es ausgesprochen wurde, um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. Auch wenn es – wie der Beklagte vortrage – höflich als Bitte formuliert gewesen sein sollte, sei es nach seinem objektiven Sinngehalt auf eine unmittelbare, für die Betroffenen verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet gewesen, so dass der Regelungscharakter zu bejahen sei (Berufungsurteil S. 10). Diese Feststellung wird vom Beklagten nicht mit einer ausdrücklichen Verfahrensrüge angegriffen und bindet den Senat deshalb gemäß § 137 Abs. 2 VwGO.
bbb) Den Verwaltungsakt hat der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf die Generalermächtigung zur Gefahrenabwehr in den §§ 1, 3 BW PolG gestützt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs war er daran auch nicht durch § 1 Abs. 2 BW PresseG gehindert, wonach die Freiheit der Presse nur den Beschränkungen unterliegt, die durch das Grundgesetz unmittelbar und in seinem Rahmen durch das Landespressegesetz zugelassen sind. Die in Art. 5 Abs. 1 GG genannten Grundrechte können durch die Polizei- und Ordnungsgesetze beschränkt werden und sind nicht generell polizeifest, d.h. sind auf der Basis der allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetze einschränkbar. Hier enthält allerdings Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG, der die Vorzensur verbietet, eine absolute Schranke für polizeiliche Maßnahmen. Die Anwendung der allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetze bei Eingriffen in die Pressefreiheit ist aber zum Teil durch Spezialgesetze ausgeschlossen. So ist z.B. die präventivpolizeiliche Beschlagnahme von Presseerzeugnissen in den Landespressegesetzen abschließend geregelt. Diese Regelungen betreffen jedoch nur den geistigen Inhalt der Presseerzeugnisse und die davon ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und entfalten deshalb auch nur insoweit abschließende Wirkung. Beschränkungen, die den äußeren Rahmen der Pressetätigkeit betreffen, sind nach Polizeirecht zulässig, so etwa ein Platzverweis (Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 7. Aufl. 2011, Rn. 347).
Eine Zensur nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG steht nicht in Rede. Die Veröffentlichung einer Information wird durch die polizeiliche Generalermächtigung aus §§ 1, 3 BW PolG nicht von einer vorherigen Kontrolle des Staates abhängig gemacht. Vielmehr geht es um die Vorfrage, ob etwas zum Inhalt einer Presseinformation werden kann (BVerfG NJW 2001, 503 Rn. 15). Maßnahmen aufgrund der vorgenannten Regelungen im baden-württembergischen Polizeigesetz können die Pressefreiheit als allgemeine Gesetze i.S.v. Art. 5 Abs. 2 GG in zulässiger Weise begrenzen.
bb) In formeller Hinsicht begegnet die Polizeiverfügung keinen Bedenken. Die Zuständigkeit des Einsatzleiters des SEK folgt nach dem Berufungsurteil – revisionsrechtlich unangreifbar – aus § 60 Abs. 2 BW PolG. Die Verfügung konnte auch mündlich erlassen werden. Eine bestimmte Form war für sie nicht vorgeschrieben.
cc) Das Berufungsurteil geht in revisionsrechtlich beanstandungsfreier Weise davon aus, dass den Journalisten der Klägerin durch einen Beamten des SEK – „Beamter Nr. 1“ – die Anfertigung von Fotoaufnahmen vom streitbefangenen Einsatz mündlich in der Rechtsform einer Polizeiverfügung auf der Grundlage der polizeilichen Generalermächtigung untersagt wurde. Die Polizei hat nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BW PolG die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Nach § 3 BW PolG hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtmäßigem Ermessen erforderlich erscheinen. In bundesrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht zwar eine Betroffenheit des Schutzgutes der öffentlichen Sicherheit durch die beabsichtigten Photoaufnahmen gesehen (aaa)), aber keine drohende Gefahr (bbb)); insbesondere fehlt es dem Photographierverbot aber an der erforderlichen Verhältnismäßigkeit; die insoweit vorgebrachten Revisionsrügen des Beklagten bleiben ohne Erfolg (ccc)).
aaa) Das inhaltlich auf § 14 PreußPVG zurückgehende polizeirechtliche Schutzgut der öffentlichen Sicherheit, wie es auch dem § 1 Abs. 1 BW PolG zu Grunde liegt, umfasst neben der Unverletzlichkeit der Normen der Rechtsordnung die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen des Einzelnen sowie den Bestand und das Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen. Geschützt werden demnach sowohl Individual- wie auch Gemeinschaftsrechtsgüter (Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 7. Aufl. 2011, Rn. 53). Im vorliegenden Fall geht das Berufungsurteil daher zu Recht von einer möglichen Betroffenheit des Schutzgutes der öffentlichen Sicherheit hinsichtlich der Sicherheit des durchgeführten Polizeieinsatzes (a1)), einer befürchteten Bedrohung der Funktionsfähigkeit des SEK durch Enttarnung (b1)) sowie des Rechts der SEK-Beamten am eigenen Bild (c1)) aus.
a1) Die vom Beklagten mit dem Photographierverbot unternommene Sicherung des streitgegenständlichen Polizeieinsatzes gehört zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit i.S.d. polizeilichen Generalermächtigung. Es handelt sich bei der polizeilichen Eskortierung eines Untersuchungshäftlings zu einem Arztbesuch um eine Rechtshandlung, die in Ausübung staatlicher Sicherheitsgewährleistung erfolgte und folglich dem Schutz der staatlichen Funktionsordnung diente. Das Berufungsurteil steht dieser rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Es hat sich zur Frage des Schutzgutes zwar nicht ausdrücklich geäußert, hat aber dessen Gefährdung verneint (Berufungsurteil S. 16) und somit notwendigerweise die mögliche Betroffenheit des Schutzgutes vorausgesetzt.
b1) Die zur Begründung des Photographierverbotes außerdem angeführte Bedrohung der Funktionsfähigkeit des SEK durch Enttarnung seiner Angehörigen betrifft ebenfalls das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit i.S.d. polizeilichen Generalermächtigung. Die Einsatzfähigkeit der Polizeiorganisation ist Teil der Sicherheit des Staates und seiner Einrichtungen. Es ging dem Einsatzleiter bei der fraglichen Polizeiverfügung darum, dass die eingesetzten Beamten nicht abgelichtet werden sollten, um ihre Identität zu schützen und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen. Er sah somit die Gefahr, dass die Identität der SEK-Beamten aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht sein könnten.
c1) Schließlich ist als weiteres Schutzgut der öffentlichen Sicherheit das Recht der eingesetzten Beamten am eigenen Bild betroffen.
bbb) Nach der revisionsrechtlich nicht überprüfbaren Auslegung durch das Berufungsgericht besagt die landesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage, dass ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr eine konkrete Gefahr voraussetzt. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d.h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (Berufungsurteil S. 14). Das Berufungsurteil hat drei Gefahren untersucht (a1 bis c1)), die mit der Untersagungsverfügung hätten abgewehrt werden können, und – im Ergebnis (§ 144 Abs. 4 VwGO) – auf bundesrechtlich unangreifbare Weise verneint.
a1) Soweit nach dem Vortrag des Beklagten im Prozess durch das ausgesprochene Verbot der konkrete Polizeieinsatz gegen Gefährdungen infolge anwesender und photographierender Personen gesichert werden sollte, kann offenbleiben, ob das Verbot hierauf schon deshalb nicht gestützt werden darf, weil nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs der Einsatzleiter nach seinen Vorstellungen mit dem Verbot eine solche Gefahr nicht abwenden wollte. Ebenso kann offenbleiben, ob der Verwaltungsgerichtshof diese Feststellung unter Verletzung seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) getroffen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auf die weitere selbständig tragende Begründung gestützt, angesichts der tatsächlichen Verhältnisse wäre die nunmehr angeführte Gefahrenprognose nicht vertretbar gewesen, bereits das Hantieren eines Photoreporters mit der Kamera habe bei Passanten zusätzliches Aufsehen erregen und zu einer unübersichtlichen Situation führen können, bei der im Falle einer etwaigen Gefangenenbefreiung konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Anwesenden hätten eintreten können.
Die hiergegen erhobene Rüge einer mangelnden Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen greift nicht durch. Der Beklagte meint, der Verwaltungsgerichtshof hätte die Gefährdungsanalyse des Landeskriminalamts, auf deren Grundlage der SEK-Einsatz angeordnet worden ist, beiziehen und den Beamten hören müssen, der diese Gefährdungsanalyse angefertigt hat. Hierauf kam es aber in diesem Zusammenhang nicht an. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht die allgemeine Gefahrenlage anders als das Landeskriminalamt beurteilt, sondern nur die konkrete Entwicklung während des Einsatzes auf dem Hintergrund dieser allgemeinen Gefahrenlage gewürdigt.
Zwar ist dem Verwaltungsgerichtshof insofern ein Fehler im Rahmen seiner Überzeugungsbildung unterlaufen, als er bei Würdigung der Gefahrenlage vor Ort die Möglichkeit außer Betracht gelassen hat, dass die eingesetzten Beamten durch die Anwesenheit von Pressevertretern von der Durchführung der ihnen zugewiesenen Sicherungsaufgaben hätten abgelenkt werden können; auf sie war ausweislich der Wiedergabe des Tatbestands im angefochtenen Urteil (UA S. 5) vom Beklagten bereits erstinstanzlich hingewiesen worden. Auf diesem Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), den der Beklagte im Revisionsverfahren auch gerügt hat, beruht das angefochtene Urteil aber nicht. Zur Ausschaltung einer etwaigen Ablenkungsgefahr hätte es ausgereicht, den in Rede stehenden Pressevertretern durch Ausspruch eines Platzverweises verbindlich aufzugeben, das Geschehen aus einer gewissen räumlichen Distanz zu den eingesetzten Beamten weiter zu beobachten. Der Ausspruch eines Photographierverbots, das die Ausübung der Pressefreiheit stärker beschränkt hat, als es ein entsprechender Platzverweis getan hätte, war demnach nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Mithin erweist es sich im Ergebnis als richtig, dass der Verwaltungsgerichtshof es als rechtswidrig angesehen hat, die vor Ort infolge der Präsenz der Pressevertreter entstehenden Gefahren durch Ausspruch des Photographierverbots abwehren zu wollen.
b1) Auf eine Gefahr für das Schutzgut der Funktionsfähigkeit des SEK durch Enttarnung seiner Angehörigen (vgl. aaa) b1)) sowie das Schutzgut des Rechts der SEK-Beamten am eigenen Bild (vgl. aaa) c1)) konnte das vom Beklagten gegen die Klägerin verhängte Photographierverbot ebenfalls nicht gestützt werden, insbesondere aber auch nicht auf eine drohende Schutzgutverletzung wegen der Gefahr der Veröffentlichung von Photos. Dabei hält der erkennende Senat nicht die Erwägung des Berufungsgerichts zu der zu vermutenden Rechtstreue von Journalisten beim Umgang mit Bildmaterial für entscheidend. Vielmehr geht es um die Abwägung der einander gegenüberstehenden Rechtspositionen der Presse und der Gefahrenabwehr sowie deren angemessenen Ausgleich.
aa1) Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Pressefreiheit gewährleistet nicht nur die Freiheit der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen; sie schützt vielmehr auch den gesamten Bereich publizistischer Vorbereitungstätigkeit, zu der insbesondere die Beschaffung von Informationen gehört (BVerfG NJW 2001, 503 Rn. 13), wie sie u.a. mit der Herstellung von Bildaufnahmen durch Photojournalisten verbunden ist. Der Staat ist – unabhängig von subjektiven Berechtigungen Einzelner – verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall dort, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 20, 162 <175>). Die Gerichte ihrerseits müssen bei der Auslegung derartiger einfachrechtlicher Normen und ihrer konkreten Anwendung im Einzelfall diese grundgesetzliche Wertentscheidung berücksichtigen (BVerfG NJW 2001, 503 Rn. 16). Dem hat die Auslegung von Rechtsnormen Rechnung zu tragen, soweit sie einzeln oder im Zusammenwirken die Pressefreiheit beeinträchtigen können.
bb1) Der Beklagte beabsichtigte, mit der der Klägerin auferlegten Einschränkung ihres Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG Gefahren von den Schutzgütern der Funktionsfähigkeit des SEK sowie der Rechte der SEK-Beamten am eigenen Bild abzuwehren. Dabei hätte er vermeiden müssen, bereits das einfache Recht in einseitiger Weise zum Nachteil der Klägerin auszulegen. Zum Schutz der in Rede stehenden Rechte bzw. Rechtsgüter bedurfte es nicht unbedingt eines Photographierverbots. Das Berufungsgericht ist in seiner rechtlichen Bewertung beanstandungsfrei davon ausgegangen, eine polizeiliche Gefahr aufgrund der Anfertigung von Bildaufnahmen drohe überhaupt erst, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass derjenige, der Lichtbilder herstelle, diese ohne Einwilligung der abgebildeten Person sowie anderer Rechtfertigungsgründe veröffentlichen und sich dadurch gemäß § 33 KunstUrhG strafbar machen werde. Solche – die drohende Rechtsverletzung ausschließenden – Rechtfertigungsgründe können typischerweise in der Einwilligung nach § 22 KunstUrhG sowie darin liegen, dass es sich bei den Photos von der abgebildeten Person i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Um ein zeitgeschichtliches Ereignis von jedenfalls lokaler Bedeutung hat es sich nach der Beurteilung durch das Berufungsgericht bei dem SEK-Einsatz in … gehandelt (Berufungsurteil S. 17). Diesen Rechtfertigungsgründen können allerdings nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG zu berücksichtigende berechtigte Interessen der Abzubildenden entgegenstehen, wie sie etwa mit befürchteten Repressalien gegen die Betroffenen selbst oder ihre Familien dargetan sind. Der Beklagte hat die Abwägung dieser Rechts- und Schutzgüter einseitig zu Lasten der Pressefreiheit vorgenommen.
cc1) Die streitgegenständliche Polizeiverfügung berücksichtigt unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen nicht im ausreichenden Maße das Grundrecht der Klägerin auf Pressefreiheit. Die mit einer Bildaufnahme verbundene Möglichkeit eines rechtsverletzenden Gebrauchs, insbesondere einer gegen Rechte von Dritten verstoßenden Veröffentlichung, muss nicht notwendig immer auf der ersten Stufe abgewehrt werden; dies kann in vielen Fällen vielmehr auch auf der zweiten Stufe des Gebrauchs des entstandenen Bildes geschehen. Wird ein Journalist daran gehindert, eine Photoaufnahme zu tätigen, wird insoweit irreversibel in sein Recht auf Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) eingegriffen. Dies kann in der Regel nicht hingenommen werden. Insbesondere kann diese Rechtsbeeinträchtigung nicht auf die Erwägung gestützt werden, die Wortberichterstattung bleibe auch dann möglich, wenn die Bildberichterstattung vereitelt werde. Denn es kommt nicht der Polizei gegenüber der Presse zu, zu entscheiden, welche Form der Berichterstattung erfolgen soll und welcher Art von vorbereitender Recherche es demgemäß bedarf. Verhältnismäßig ist es in einem solchen Fall daher in der Regel nicht, die durch den Journalisten beabsichtigte Photoaufnahme selbst zu verhindern, sondern nur, Vorkehrungen für die befürchtete anschließende Verletzung eines Rechtsgutes durch den Gebrauch des Bildes zu treffen. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass die Polizei ihren Rechtsstandpunkt dem Journalisten oder dem ihn beschäftigenden Presseunternehmen mitteilt und auf eine Verständigung über „ob“ und „wie“ der Veröffentlichung drängt. Dabei wird sich aus dem Zusammenspiel von Landespolizei- und Landespresserecht ergeben, ob ein etwaiger daran anschließender Konflikt durch den Erlass einer Polizeiverfügung mit der Möglichkeit des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes durch den Journalisten oder das Presseunternehmen ausgetragen wird oder durch die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes vor den ordentlichen Gerichten durch die Polizei. Ein solches Vorgehen hätte vorliegend auch nahe gelegen, weil die Journalisten nach den Feststellungen im Berufungsurteil sich durch ihre Presseausweise gegenüber dem Einsatzleiter ausgewiesen haben und kooperationsbereit gewesen sind (Berufungsurteil S. 19). Nur wenn es aus ex-ante-Sicht des polizeilichen Einsatzleiters aus zeitlichen oder anderen Gründen von vornherein keinen Erfolg verspricht, gegenüber Pressevertretern auf konsensualem Weg die Beachtung rechtlicher Beschränkungen bezüglich der Veröffentlichung angefertigter Bildaufnahmen sicherzustellen, ist dieser befugt, durch Nutzung polizeirechtlicher Anordnungsbefugnisse bereits die Bildanfertigung zu unterbinden. Gleiches gilt, wenn aufgrund außergewöhnlicher Umstände des Einzelfalls bereits die Anfertigung von Photos mit dem Anliegen eines wirksamen Schutzes eines in Rede stehenden Schutzgutes schlechthin unvereinbar wäre. Weder hierfür noch für eine von vornherein bestehende Aussichtslosigkeit einer konsensual erfolgenden Sicherstellung rechtlicher Veröffentlichungsbeschränkungen bietet der vorliegende Fall jedoch Anhaltspunkte.
c1) Schließlich konnte das vom Beklagten gegen die Klägerin verhängte Photographierverbot nicht auf eine Gefahr für das Schutzgut der „Funktionsfähigkeit des SEK durch Enttarnung seiner Angehörigen“ (vgl. aaa) b1)) sowie das Schutzgut des „Rechts der SEK-Beamten am eigenen Bild“ (vgl. aaa) c1)) gestützt werden, weil ein krimineller Zugriff auf das Bildmaterial der Klägerin gedroht habe. Das Berufungsurteil enthält keine Feststellungen, nach denen auf eine derartige Gefahr zu schließen wäre.
ccc) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge einer Verletzung von Gesetzen der Denklogik bei der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (a1)) durch den Beklagten sowie der Verletzung der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO (b1)), insoweit der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung sei, dass eine Beschlagnahme gegenüber einem Photographierverbot mit Blick auf die Pressefreiheit das mildere Mittel sei, weil dadurch eine Recherche und im Ergebnis eine Bildberichterstattung ermöglicht werde. Ohne Erfolg bleibt ferner die Rüge, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichthofs stelle sich eine Beschlagnahmeverfügung nicht als milderes Mittel im Rechtssinne dar (c1)).
38 a1) Einen Verstoß gegen die Gesetze der Denklogik sieht der Beklagte, weil der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung sei, dass eine Beschlagnahme gegenüber einem Photographierverbot mit Blick auf die Pressefreiheit das mildere Mittel sei, weil dadurch eine Recherche und im Ergebnis eine Bildberichterstattung ermöglicht würden. Das Berufungsgericht verkenne insoweit, dass bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs als milderes Mittel keine Maßnahme in Betracht gezogen werden dürfe, welche völlig andere oder qualifizierte Tatbestandsvoraussetzungen für deren Eingreifen habe, als die tatsächlich getroffene Maßnahme, deren Verhältnismäßigkeit geprüft werde. Das Photographierverbot habe auf der Generalermächtigung nach §§ 1, 3 BW PolG beruht und sei deshalb vom Vorliegen einer „bevorstehenden Gefahr“ abhängig gewesen. Die vom Berufungsgericht für milder erachtete Beschlagnahme hätte hingegen auf § 33 BW PolG beruht und hätte deshalb von einer „unmittelbar bevorstehenden Störung“ abgehangen. Eine an erhöhte Eingriffsvoraussetzungen geknüpfte Maßnahmemöglichkeit könne nicht als milderes Mittel gegenüber einem an geringere Voraussetzungen geknüpften bezeichnet werden.
Die vorgebrachte Rüge betrifft nicht die richtige Anwendung von Denkgesetzen durch das Berufungsgericht wie beispielsweise die Regeln der Logik, sondern die richtige Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in der Form des Gebotes der Anwendung des mildesten Mittels. Der Beklagte hält eine polizeiliche Maßnahme auf einer gesetzlichen Grundlage mit qualifizierten tatbestandlichen Anforderungen nicht für ein denkbar milderes Mittel gegenüber einer Maßnahme auf einer gesetzlichen Grundlage mit einfachen tatbestandlichen Anforderungen. Dem vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes „milder“ ist nämlich nicht das Mittel mit den einfacher strukturierten Tatbestandsvoraussetzungen, sondern dasjenige mit der geringeren Eingriffsintensität. Daran gemessen lassen die Erwägungen des Berufungsurteils keinen Rechtsverstoß erkennen. Die vorübergehende Beschlagnahme eines Speichermediums greift weniger in die Pressefreiheit ein als die Verhinderung einer Photoaufnahme und somit deren Speicherung auf dem Medium.
b1) Auch die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) in diesem Zusammenhang bleibt ohne Erfolg. Der Beklagte ist insoweit der Ansicht, der Verwaltungsgerichtshof habe es fehlerhaft unterlassen, das Vorliegen einer Beschlagnahmeandrohung oder Beschlagnahmeanordnung zu prüfen. Daher habe er das Mittel der Beschlagnahme auch nicht in die von ihm angestellte Verhältnismäßigkeitsprüfung einbeziehen dürfen.
Diese Rüge ist unsubstantiiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach seinem Begründungsgang lediglich die hypothetischen Voraussetzungen geprüft, unter denen eine vorübergehende Beschlagnahme des Speichermediums in Betracht komme. Daher war eine weitergehende Sachaufklärung nicht angezeigt. Im Übrigen ist es unverzichtbare Voraussetzung der Aufklärungsrüge, dass sie unter Benennung des hypothetischen Beweisthemas und der für maßgeblich gehaltenen Beweismittel substantiiert wird. Beides hat der Beklagte vorliegend unterlassen.
c1) Schließlich bleibt auch die Rüge des Beklagten ohne Erfolg, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs stelle sich eine Beschlagnahmeverfügung nicht als gleichermaßen wirksames Mittel dar. Hiermit zeigt der Beklagte keinen möglichen Verstoß gegen Bundesrecht auf.
2. Das Berufungsurteil hat die Klage wegen der Androhung oder Ankündigung der Beschlagnahme der Kamera samt Speichermedium ebenfalls zu Recht als zulässig und begründet angesehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht auch insoweit die Klage für zulässig gehalten, insbesondere angenommen, dass zwischen den Beteiligten das Bestehen eines Rechtsverhältnisses streitig ist. Ob aufgrund des konkret gegebenen Sachverhalts ein Recht des Beklagten besteht, die Kamera einschließlich des Speichermediums zu beschlagnahmen, stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 VwGO dar. Dieses Rechtsverhältnis war als künftiges Rechtsverhältnis auch dann streitig, wenn nur der Tatsachenvortrag des Beklagten zugrunde gelegt wird, der Einsatzleiter habe die Möglichkeit erwähnt, die Beschlagnahme durch die Einsatzdienststelle prüfen zu lassen. Schon dies löst ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung aus. Das danach als Feststellungsklage statthafte Begehren ist begründet, weil die Annahme einer vom Beklagten angenommenen rechtlich zulässigen Beschlagnahmeandrohung ermessensfehlerhaft war. Die Ermessensfehlerhaftigkeit beruhte – wie der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen hat – darauf, dass der Beklagte erwogen hat, eine Beschlagnahmeandrohung zur Durchsetzung eines rechtswidrigen Photographierverbotes einzusetzen.
3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).