13.12.2016
Es besteht kein Anspruch auf Unterlassung der Anzeige von Suchmaschinen-Ergebnisse, die bei Eingabe eines Namens einer Person oder bestimmter Begriffe erscheinen, wenn diese wahre Tatsachenbehauptungen und zulässige Werturteile, welche jeweils die Sozialsphäre des Betroffenen tangieren, betreffen. Denn damit wird ihre berufliche Tätigkeit und damit ein Bereich betroffen, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Das hat das Oberlandesgericht Köln in seiner Entscheidung vom 31.05.2016 – 15 U 197/15 – erläutert.
Suchergebnisse können sich erheblich auf den guten Ruf auswirken. Insbesondere „Google-Ergebnisse“ sind von immenser Bedeutung – sowohl für Privatleute als auch für Unternehmen. Sei es, dass interessierte Kunden eine Firma „erst mal googlen“, sei es, dass sich jemand bei einer privaten Bekanntschaft per Google-Suche ein Bild macht.
Erfahren Sie in diesem Beitrag mehr darüber, wann Sie die Löschung von Suchmaschinen-Ergebnissen verlangen können.
Recht auf Vergessen
In dem konkreten Fall lehnte das Gericht die Unterlassungsforderung ab. Denn es ging um wahre Tatsachenbehauptungen und Werturteile, die die Sozialsphäre betrafen. In der Entscheidung erläutert das Gericht allerdings: Wenn das „Recht auf Vergessen“ eingreift, kann der Suchmaschinenbetreiber haften.
Haftung von Suchmaschinenbetreibern: Verletzung von Verhaltenspflichten
„Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes beruht die mögliche Haftung des Betreibers einer Internetsuchmaschine auf dem Umstand, dass er eine zusätzliche Beeinträchtigung des Betroffenen durch die Ausweisung der Daten verursacht, weil er in der Masse der im Internet vorhandenen Informationen dem Nutzer überhaupt erst die strukturierte Auffindbarkeit personenbezogener Daten ermöglicht (Urt. v. 13.5.2014 – C 131/12, juris Rn. 35-38 und 83).
Soweit das vom Europäischen Gerichtshof angenommene „Recht auf Vergessen“ eingreift, kann in einem solchen Nachweis von personenbezogenen Daten eine zu unterlassende Persönlichkeitsrechtsverletzung liegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als mittelbarer Störer anzusehen, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt.
Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urt. v. 28.7.2015 – VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 22 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219; BGH, Urt. v. 30.6.2009 – VI ZR 210/08, NJW-RR 2009, 1413).“
Keine Haftung der Suchmaschinenbetreiberin im konkreten Fall
In dem Fall, über den das OLG Köln entschied, fehlte es an einer rechtswidrigen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Deshalb haftete die Suchmaschinenbetreiberin unter Beachtung der oben dargestellten Grundsätze zur Suchmaschinenbetreiberhaftung als mittelbarer Störer nicht.
Die Einträge auf den von der Suchmaschinenbetreiberin mit den beanstandeten Treffern nachgewiesenen Seiten enthielten aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten zunächst die tatsächliche Behauptung, dass die Klägerin bei Abfassung der entsprechenden Blog-Beiträge bzw. im Zeitpunkt der dort als sog. Screenshot abgebildeten Handelsregisterveröffentlichung vom 21.2.2007 Geschäftsführerin der N Media GmbH war. Dabei handelte es sich unstreitig um eine wahre Tatsache.
Es lag auch keine von der Beklagten per Treffer auf der Ergebnisliste nachgewiesene falsche Tatsachenbehauptungen insoweit vor, als der durchschnittliche Rezipient die Äußerungen (auch) so verstehen könnte, dass die Klägerin diese Position noch im Zeitpunkt der späteren Internetrecherche innehatte. (…)
Die weiteren Einträge (…), die sich mit dem Geschäftsgebaren der N Media GmbH befassen, stellen entweder eine inhaltlich zutreffende Wiedergabe von damaligen Geschehnissen um diese Gesellschaft oder aber zulässige Meinungsäußerungen der betreffenden Nutzer dar.
„Wird die Klägerin damit durch die mittels der streitgegenständlichen Treffer nachgewiesenen Seiten nur damit konfrontiert, dass sie vor einigen Jahren Geschäftsführerin einer Gesellschaft war, die wegen ihrer Geschäftspraktiken beim Betrieb eines Online-Dating-Portals in der Kritik stand, sind diese wahren Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre der Klägerin und damit auch der Nachweis der streitgegenständlichen Treffer durch die Beklagte im Rahmen des geltend gemachten Anspruchs nach § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Denn wahre Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre des Betroffenen dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 13 m.w.N.). Solche Auswirkungen sind hier allerdings nicht ersichtlich.“, OLG Köln a.a.O.
Rechtsprechung zur Haftung von Suchmaschinenbetreibern
Inzwischen gibt es bereits diverse Entscheidungen zu der Haftung von Suchmaschinenbetreiber.
„Weist ein Betroffener den Suchmaschinenbetreiber auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch Dritte hin, kann der Suchmaschinenbetreiber wie ein Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass der Betreiber einer Suchmaschine im Gegensatz etwa zu einem Blogbetreiber, für den der Bundesgerichtshof ein Anhörungsverfahren statuiert hat, regelmäßig in keiner Beziehung zu dem Dritten steht, somit von ihm auch nicht die Einholung einer Stellungnahme verlangt werden kann.
Damit obliegt es regelmäßig dem Suchmaschinenbetreiber, über die Begründetheit des Löschungsgesuchs auf Grundlage des einseitigen Inkenntnissetzungsvortrags zu entscheiden. Damit ist der Hinweis jedoch so konkret zu fassen, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – d.h. ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann.
Dabei hängt das Ausmaß des insoweit von dem Suchmaschinenbetreiber zu verlangenden Prüfungsaufwands von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Suchmaschinenbetreibers auf der anderen Seite.“, LG Köln, Urteil vom 16.09.2015, 28 O 14/14.
Ob Sie sich gegen die Anzeige von Suchmaschinenergebnissen wehren können, hängt von dem konkreten Einzelfall ab. Der Grund ist die Struktur des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Ob es rechtswidrig verletzt ist, hängt von der Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalles ab.
So hat etwa das OLG München hat in einem Fall entschieden, dass ein „Snippet“ – d.h. das Suchergebnis – von Google gelöscht werden musste, weil das Suchergebnis einen eigenen Aussagegehalt hatte.Sowohl die Verbreitung des Snippets, als auch die Verlinkung auf einen rufschädigenden Beitrag hat das OLG München am Maßstab der Störerhaftung gemessen. Die Suchmaschinenbetreiberin haftetete als Störerin, da sie die ihr obliegenden Prüfpflichten verletzt hatte. Sowohl das Snippet, als auch der mit diesem verlinkte Blogbeitrag enthielten eine unwahre Tatsachenbehauptung.
Das Landgericht Hamburg hat in dem Urteil vom 7.11.2014, Az. 324 O 660/12 Google dazu verurteilt, es zu unterlassen, bei Eingabe eines bestimmten Suchbegriffs in ihre Suchmaske unter Google.de ein bestimmtest Suchergebnis zu verbreiten. Hier ging es zum Bespiel um die „Äußerung „ M. … hatte dort ein Bordell“. Die Äußerung war sowohl in dem streitgegenständlichen Snippet als auch in dem Beitrag“ eines „anonymen Autors enthalten“. Die Äußerung war prozessual als unwahre Tatsachenbehauptung anzusehen und somit rechtswidrig.
Weitere Informationen zu dem Thema finden Sie hier auf der Seite Google-Links und Google-Suchergebnisse entfernen.
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